.Jens
Mod Emeritus
Moin zusammen,
in diesem Thread möchte ich mein aktuelles Projekt vorstellen: einen Röhren-Preamp für Orgelsounds und Co. mit zwei Eingängen und zwei Overdrive-Stufen. In Gitarrenkreisen würde man das wohl einen "Zweikanaler" nennen - auch wenn hier keine zwei getrennten Schaltungen zum Einsatz kommen.
Hintergrund der ganzen Geschichte ist in kurzen Worten folgender: Das einzige, was mir bei meinem Kronos zum Glück noch fehlt, ist eine wirklich schöne Röhrenzerre - da liegen die simulierten Preamps leider doch deutlich unter dem Niveau, was man von anderen digitalen Simulationen kennt. Ich besitze zwar noch ein Boss G4, was ich aber wegen der eigentlich sehr brauchbaren Leslie-Simulation aus meinem Setup wieder rausgeworfen habe. Das G4 besitzt einen schönen Overdrive, der aber so richtig nach Röhre auch nicht klingt.
Also lag der Gedanke nahe, sich noch einen Preamp zuzulegen, zumal ich über den dann auch mein "echtes" Leslie (mit Transistorendstufe) befeuern könnte. Der Behringer Mic100 kommt auch für diesen Einsatzzweck durchaus immer wieder gut weg und ist billig zu haben - aber das ist ja nur der halbe Spaß. Den TB101 scheint es nicht mehr neu zu geben. Ich bin dann auf den MIG-LRS Röhrenpreamp von Carsten Meyer gestoßen (www.keyboardpartner.de), der als Bausatz zu haben ist. Leider nur noch Auslaufmodelle, weil die zugekauften Röhren angeblich nicht mehr die beste Qualität haben. Nun hat Carsten leider schon mehrfach auf meine Anfragen per Mail nicht reagiert und ich wollte nicht mehr warten.
Also wurde vor einigen Wochen der Beschluss gefasst, dass ich die Schaltung selbst baue, was mir zusätzlich die Möglichkeit für kleine Änderungen und Ergänzungen geben sollte. Wenn schon Eigenbau, dann hatte ich die folgenden wesentlichen Features noch auf der Wunschliste:
Also - gesagt getan: es geht los...
- - - Aktualisiert - - -
Schaltungsentwurf
Wie gesagt, Ausgangspunkt meiner Überlegungen war der MIG-LRS-Preamp (bzw. die Varianten MIG-L, -LR,...) von Carsten Meyer: http://www.keyboardpartner.de/hammond/lesliemods.htm, deren Innereien dankenswerter Weise in den PDFs recht detailliert beschrieben sind - bis auf kleine Ausnahmen, dazu später mehr.
Kern der Schaltung ist eine russische 1SH18B-Röhre, die vergleichsweise winzig ist, aber eben den Vorteil hat, mit 1.2V Heiz- und zwischen 20 und 30V Anodenspannung auszukommen. Das nimmt dem Bastler natürlich berechtigte Sorgen um Hochspannung usw. ab, zumal in dem Originaldesign 24V verwendet werden, die sich noch problemlos aus einem zugekauften Steckernetzteil holen lassen.
Dem nachgeschaltet ist noch eine recht trickreiche - aber wie ich inzwischen weiß, nicht unübliche - Schaltung, die einen CMOS-Inverter als zweite Overdrive-Stufe "missbraucht". Der Inverter wird über einen Widerstand rückgekoppelt und der Eingang hochohmig in die Mitte zwischen positiver und negativer Versorgungsspannung "gehängt". Gibt man da jetzt das Eingangssignal drauf, bekommt man am Ausgang eine S-förmige Kennlinie, die nochmal ein paar Harmonische erzeugt.
Dieses Bauteil (und die verwendeten Dioden zur Stabilisierung der Heizspannung) ist das einzige, was in den Plänen von Carsten nicht benannt ist und um das er ein kleines Geheimnis macht (in allen Fotos ist die Beschriftung geschwärzt etc.). Inverter gibt es natürlich wie Sand am Meer, und die Wahl wird zwar enger, aber nicht beliebig klein, wenn man sich auf diejenigen mit 14 Pins beschränkt.
Nachdem ich ein paar DIY-Baupläne von Gitarren-Tretminen gefunden hatte, die nach dem gleichen Prinzip arbeiten ("Forty-Niner", "Red Llama", "3-legged Dog", "Double D" - zu finden z.B. hier: http://www.runoffgroove.com/articles.html), war klar, dass die Schaltung so exotisch gar nicht ist. Verwendet wird dort meistens ein CD4049 - mit 16 Pins. Carsten weist zwar darauf hin, dass selbst Hersteller und genauer Typ eine Rolle spielen was auch logisch ist: Der Inverter ist für diesen Betrieb natürlich überhaupt nicht spezifiziert, und der interne Aufbau kann sich bei gleichen Specs für den Digitalbetrieb nicht unerheblich unterscheiden. Den einschlägigen Bastlerseiten zufolge ist aber erstmal nur wichtig, dass es sich um "unbuffered"-Typen (also CD...UB...) handelt - also nur ein Inverter und nicht drei in Reihe, weil nur so die interne CMOS-Schaltung nach außen "sichtbar" bleibt. Typischerweise wird in den Tretminen ein CD4049UBE empfohlen.
Die Dinger sind gar nicht mehr so leicht zu kriegen, schon gar nicht in einer DIP-Fassung. Ich habe aber beim örtlichen Elektronikladen noch einen Fairchild CD4049UBCN und einen Philips HEF4069UBP ergattern können - nicht pinkompatibel, aber sehr ähnlich, so dass man sich mit einem Adapter aus zwei Sockeln ganz gut behelfen kann.
Der Rest der Originalschaltung besteht aus zwei Analogschaltern (4066), die das Audiosignal knackfrei umschalten, wenn der Bypass-Pin auf Masse gezogen wird. Da in dem 4049/4069 je sechs Inverter drin sind, aber nur einer benötigt wird, werden zwei davon als Schalterentprellung bzw. tatsächlich Inverter benutzt, so dass zwei der 4066-Schalter jeweils komplementär schalten.
Die gleiche Logik habe ich mit den beiden übrigen 4066-Schaltern (4 sind vorhanden auf dem 4066) und noch zwei von den Invertern in ähnlicher Weise nochmal verwendet, um meinen Boos-Kanal zu basteln.
Am Gain-Trimmer vor der Röhre sitzt bei mir noch ein zweiter Trimmer als Vorwiderstand, der bei "Boost" kurzgeschlossen wird - so kann ich den Gain-Gewinn von ungefähr 6dB fein einstellen. Am Ausgang dann nochmal das gleiche: Ich möchte, dass bei der "Boost"-Einstellung der Ausgang etwas gedämpft wird - nicht unbedingt die vollen 6dB, aber etwas - der Gedanke ist, mehr Zerre dazuschalten zu können, ohne dass es wesentlich lauter wird (wie wenn man nur den Eingang hochzieht). Da die Zerre natürlich etwas komprimiert, reichen dann am Ausgang um die 3dB als Abschwächung - aber auch das lässt sich von 0dB bis irgendwo um die 10dB einstellen.
Zu guter Letzt habe ich dann noch mit zwei NE5532A-(Dual)-Opamps die Mischstufe "nach Lehrbuch" konstruiert, mir eine saubere und belastbare virtuelle Masse beschafft, vor der Ausgangsstufe einen Spannungsfolger spendiert, um den 4069 nicht zu sehr zu belasten und schließlich die Ausgangsstufe selbst gebaut.
Vorweg gleich eins: Mit der Wahl der OpAmps bin ich nicht ganz zufrieden. Erstmal ziehen die soviel Strom, dass ich in der (billigen) Stromversorgung für die ICs - 5V aus einer Zenerdiode mit Vorwiderstand - in letzterem ungefähr ein Watt verbrate und der natürlich heiß wird. Zum Zweiten laufen die mit 5V single-supply außerhalb der Spezifikationen und scheinen schon ein bisschen zu kratzen. Mal sehen, ob das auf Dauer noch besser mit FET- oder CMOS-Opamps geht, die speziell für 0-5V Versorgung gedacht und etwas genügsamer sind.
Vielen Dank an der Stelle auch nochmal an Carl, der mir in langen Telefonaten bei der Feinjustage des Entwurfs geholfen hat - und wie üblich Fehler aus der Ferne immer noch schneller findet als derjenige, der direkt davor sitzt
Im nächsten Teil gibt's dann den eigentlichen Baubericht mit Fotos - und demnächt auch noch Soundbeispiele...
in diesem Thread möchte ich mein aktuelles Projekt vorstellen: einen Röhren-Preamp für Orgelsounds und Co. mit zwei Eingängen und zwei Overdrive-Stufen. In Gitarrenkreisen würde man das wohl einen "Zweikanaler" nennen - auch wenn hier keine zwei getrennten Schaltungen zum Einsatz kommen.
Hintergrund der ganzen Geschichte ist in kurzen Worten folgender: Das einzige, was mir bei meinem Kronos zum Glück noch fehlt, ist eine wirklich schöne Röhrenzerre - da liegen die simulierten Preamps leider doch deutlich unter dem Niveau, was man von anderen digitalen Simulationen kennt. Ich besitze zwar noch ein Boss G4, was ich aber wegen der eigentlich sehr brauchbaren Leslie-Simulation aus meinem Setup wieder rausgeworfen habe. Das G4 besitzt einen schönen Overdrive, der aber so richtig nach Röhre auch nicht klingt.
Also lag der Gedanke nahe, sich noch einen Preamp zuzulegen, zumal ich über den dann auch mein "echtes" Leslie (mit Transistorendstufe) befeuern könnte. Der Behringer Mic100 kommt auch für diesen Einsatzzweck durchaus immer wieder gut weg und ist billig zu haben - aber das ist ja nur der halbe Spaß. Den TB101 scheint es nicht mehr neu zu geben. Ich bin dann auf den MIG-LRS Röhrenpreamp von Carsten Meyer gestoßen (www.keyboardpartner.de), der als Bausatz zu haben ist. Leider nur noch Auslaufmodelle, weil die zugekauften Röhren angeblich nicht mehr die beste Qualität haben. Nun hat Carsten leider schon mehrfach auf meine Anfragen per Mail nicht reagiert und ich wollte nicht mehr warten.
Also wurde vor einigen Wochen der Beschluss gefasst, dass ich die Schaltung selbst baue, was mir zusätzlich die Möglichkeit für kleine Änderungen und Ergänzungen geben sollte. Wenn schon Eigenbau, dann hatte ich die folgenden wesentlichen Features noch auf der Wunschliste:
- zwei Eingänge mit jeweils einstellbarer Empfindlichkeit - ich habe ja neben dem Kronos noch die Ur-CX3 im Setup, die davon auch profitieren soll...
- Bypass
- Schaltbare Verzerrung in zwei Stufen: Einmal einen leichten Crunch, der bei durchgetretenem Schweller so gerade in den Overdrive geht - und einmal einen kräftigen Overdrive, der die Zerre in Richtung Jon Lord bewegt.
- Und eine Ausgangsstufe mit regelbarem Output, die genug Strom liefert, um auch mal etwas kleinere Impedanzen zu treiben, ohne in die Knie zu gehen.
Also - gesagt getan: es geht los...
- - - Aktualisiert - - -
Schaltungsentwurf
Wie gesagt, Ausgangspunkt meiner Überlegungen war der MIG-LRS-Preamp (bzw. die Varianten MIG-L, -LR,...) von Carsten Meyer: http://www.keyboardpartner.de/hammond/lesliemods.htm, deren Innereien dankenswerter Weise in den PDFs recht detailliert beschrieben sind - bis auf kleine Ausnahmen, dazu später mehr.
Kern der Schaltung ist eine russische 1SH18B-Röhre, die vergleichsweise winzig ist, aber eben den Vorteil hat, mit 1.2V Heiz- und zwischen 20 und 30V Anodenspannung auszukommen. Das nimmt dem Bastler natürlich berechtigte Sorgen um Hochspannung usw. ab, zumal in dem Originaldesign 24V verwendet werden, die sich noch problemlos aus einem zugekauften Steckernetzteil holen lassen.
Dem nachgeschaltet ist noch eine recht trickreiche - aber wie ich inzwischen weiß, nicht unübliche - Schaltung, die einen CMOS-Inverter als zweite Overdrive-Stufe "missbraucht". Der Inverter wird über einen Widerstand rückgekoppelt und der Eingang hochohmig in die Mitte zwischen positiver und negativer Versorgungsspannung "gehängt". Gibt man da jetzt das Eingangssignal drauf, bekommt man am Ausgang eine S-förmige Kennlinie, die nochmal ein paar Harmonische erzeugt.
Dieses Bauteil (und die verwendeten Dioden zur Stabilisierung der Heizspannung) ist das einzige, was in den Plänen von Carsten nicht benannt ist und um das er ein kleines Geheimnis macht (in allen Fotos ist die Beschriftung geschwärzt etc.). Inverter gibt es natürlich wie Sand am Meer, und die Wahl wird zwar enger, aber nicht beliebig klein, wenn man sich auf diejenigen mit 14 Pins beschränkt.
Nachdem ich ein paar DIY-Baupläne von Gitarren-Tretminen gefunden hatte, die nach dem gleichen Prinzip arbeiten ("Forty-Niner", "Red Llama", "3-legged Dog", "Double D" - zu finden z.B. hier: http://www.runoffgroove.com/articles.html), war klar, dass die Schaltung so exotisch gar nicht ist. Verwendet wird dort meistens ein CD4049 - mit 16 Pins. Carsten weist zwar darauf hin, dass selbst Hersteller und genauer Typ eine Rolle spielen was auch logisch ist: Der Inverter ist für diesen Betrieb natürlich überhaupt nicht spezifiziert, und der interne Aufbau kann sich bei gleichen Specs für den Digitalbetrieb nicht unerheblich unterscheiden. Den einschlägigen Bastlerseiten zufolge ist aber erstmal nur wichtig, dass es sich um "unbuffered"-Typen (also CD...UB...) handelt - also nur ein Inverter und nicht drei in Reihe, weil nur so die interne CMOS-Schaltung nach außen "sichtbar" bleibt. Typischerweise wird in den Tretminen ein CD4049UBE empfohlen.
Die Dinger sind gar nicht mehr so leicht zu kriegen, schon gar nicht in einer DIP-Fassung. Ich habe aber beim örtlichen Elektronikladen noch einen Fairchild CD4049UBCN und einen Philips HEF4069UBP ergattern können - nicht pinkompatibel, aber sehr ähnlich, so dass man sich mit einem Adapter aus zwei Sockeln ganz gut behelfen kann.
Der Rest der Originalschaltung besteht aus zwei Analogschaltern (4066), die das Audiosignal knackfrei umschalten, wenn der Bypass-Pin auf Masse gezogen wird. Da in dem 4049/4069 je sechs Inverter drin sind, aber nur einer benötigt wird, werden zwei davon als Schalterentprellung bzw. tatsächlich Inverter benutzt, so dass zwei der 4066-Schalter jeweils komplementär schalten.
Die gleiche Logik habe ich mit den beiden übrigen 4066-Schaltern (4 sind vorhanden auf dem 4066) und noch zwei von den Invertern in ähnlicher Weise nochmal verwendet, um meinen Boos-Kanal zu basteln.
Am Gain-Trimmer vor der Röhre sitzt bei mir noch ein zweiter Trimmer als Vorwiderstand, der bei "Boost" kurzgeschlossen wird - so kann ich den Gain-Gewinn von ungefähr 6dB fein einstellen. Am Ausgang dann nochmal das gleiche: Ich möchte, dass bei der "Boost"-Einstellung der Ausgang etwas gedämpft wird - nicht unbedingt die vollen 6dB, aber etwas - der Gedanke ist, mehr Zerre dazuschalten zu können, ohne dass es wesentlich lauter wird (wie wenn man nur den Eingang hochzieht). Da die Zerre natürlich etwas komprimiert, reichen dann am Ausgang um die 3dB als Abschwächung - aber auch das lässt sich von 0dB bis irgendwo um die 10dB einstellen.
Zu guter Letzt habe ich dann noch mit zwei NE5532A-(Dual)-Opamps die Mischstufe "nach Lehrbuch" konstruiert, mir eine saubere und belastbare virtuelle Masse beschafft, vor der Ausgangsstufe einen Spannungsfolger spendiert, um den 4069 nicht zu sehr zu belasten und schließlich die Ausgangsstufe selbst gebaut.
Vorweg gleich eins: Mit der Wahl der OpAmps bin ich nicht ganz zufrieden. Erstmal ziehen die soviel Strom, dass ich in der (billigen) Stromversorgung für die ICs - 5V aus einer Zenerdiode mit Vorwiderstand - in letzterem ungefähr ein Watt verbrate und der natürlich heiß wird. Zum Zweiten laufen die mit 5V single-supply außerhalb der Spezifikationen und scheinen schon ein bisschen zu kratzen. Mal sehen, ob das auf Dauer noch besser mit FET- oder CMOS-Opamps geht, die speziell für 0-5V Versorgung gedacht und etwas genügsamer sind.
Vielen Dank an der Stelle auch nochmal an Carl, der mir in langen Telefonaten bei der Feinjustage des Entwurfs geholfen hat - und wie üblich Fehler aus der Ferne immer noch schneller findet als derjenige, der direkt davor sitzt
Im nächsten Teil gibt's dann den eigentlichen Baubericht mit Fotos - und demnächt auch noch Soundbeispiele...
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